Archiv-2 - Belmer Mühle

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Gutachten zur Entwicklung
eines Nutzungskonzeptes für die ehemalige Mühle in Belm, Landkreis Osnabrück

Gutachten
Osnabrück, den 03. April 1993

Dipl. Ing. Erwin Uhrmacher
Melanchthonweg 22, 4500 Osnabrück

Inhaltsverzeichnis

Nutzungsempfehlungen
Bautechnische Beschreibung des
vorhandenen Zustandes einschließlich Sanierungsempfehlungen
Kostenschätzung
Fotodokumentation
zeichnerische Bestandsaufnahme
Mühlengebäude/Nebengebäude/
Sägemühlengebäude –
vier Grundrisse
(KG, EG, 1. OG, DG ) M. 1 : 100
drei Schnitte M. 1 : 100
drei Ansichten M. 1 : 100

zeichnerische Nutzungsempfehlung
Nebengebäude / Mühlengebäude /
Überdachung/Außenanlagen –
vier Grundrisse M. 1 : 100
zwei Schnitte M. 1 : 100
drei Ansichten M. 1 : 100
ein Lageplan M. 1 : 100

Nutzungsempfehlungen

Die Gemeinde Belm hat im Jahre 1991 die ehemalige Mühle in Belm erworben. Von dem letzten Eigentümer, der Familie Plötner, wurde nach dem Verkauf der Mühlenbetrieb am 01. Oktober 1991 eingestellt. Ursprünglich war diese Mühle eine landesherrliche Wassermühle. Folgende Bauinschriften im Giebel des Mühlenhauptgebäudes verweisen auf Erneuerungen, Um- und Neubauten:
Dominus Arnoldus Tolen canonicus eccelsie Osnabrugensis me fieri fecit 1555.
Der Osnabrücker Domherr besaß die Mühle als Pfand und hatte sie baulich zu unterhalten. Sein Wappen ergänzt die Bauinschrift.Renovatum 1827 C.D.B
Diese Inschrift dokumentiert eine Instandsetzung der Mühle durch Carl Dietrich Buddendiek.
Lina Recker, geb. Leiwe.
Erbaut im Jahr 1899.
Diese Inschrift verweist auf den Neubau der Mühle, wobei nicht auszuschließen ist, dass Teile des vorherigen Mühlengebäudes in den Neubau integriert wurden.
Ein Vorfahre des letzten Eigentümers der Familie Plötner hat die Mühle am 01. Juli 1776 von Bischof Friedrich, dem damaligen Landesherrn, erworben. Der Antrieb der Mühle wurde immer wieder an technische Neuentwicklungen angepasst. Bekannt ist, dass nach dem lange Zeit gebräuchlichen Wasserrad eine Francis-Turbine eingebaut wurde, danach eine Dampfmaschine und zuletzt lieferten Elektromotoren die erforderliche Antriebsenergie.
Unter Zugrundelegung und Bewertung des technischen Zustandes der verschiedenen, heute noch vorhandenen Gebäudeteile (Mühlenhauptgebäude, Mühlennebengebäude und das Gebäude der Sägemühle) und denkbarer zukünftiger kultureller Nutzungsmöglichkeiten wird die Erhaltung des Sägemühlengebäudes aufgrund der gegenüber den anderen Gebäuden einfacheren Bauweise und des schlechten Bauzustandes nicht empfohlen. Daraus ergibt sich ein größerer Planungsfreiraum für beide Mühlengebäude.

Das Mühlenhauptgebäude ist wegen seiner historischen Bedeutung, aber insbesondere wegen der vermutlich vollständigen Erhaltung der technischen Mühleneinrichtung aus der Zeit der Stilllegung des Mühlenbetriebes, ein bedeutendes Anschauungsobjekt für die Ausübung eines handwerklich arbeitenden Müllerbetriebes zum Ende des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Es wird deshalb empfohlen, dieses Gebäude einschließlich seiner Einrichtung im Zustand der letzten Betriebsjahre als Anschauungs- und Motivationstreffpunkt zu erhalten. Dazu gehört, dass das Mühlenhauptgebäude und die darin enthaltenen Maschinen einschließlich der überlieferten Gebrauchsspuren unverändert erhalten bleiben und, wo erforderlich, unter Beachtung der hier praktizierten mechanischen Vorgänge sehr vorsichtig restauriert werden sollten. Die Informationsqualität einer historischen technischen Einrichtung ist am höchsten und umfassendsten, wenn der letzte sogenannte operationale Zustand erhalten werden kann. Vorstellbar und wünschenswert wäre es, wenn dieser Zustand durch Reaktivierung des Produktionsprozesses zur Demonstration und in Verbindung mit dem Verkauf z. B. umweltschonend hergestellter Produkte für das Leben in der Gemeinde Belm ein aktiver Mittelpunkt werden könnte. Träger einer solchen Einrichtung sollte aufgrund von Erfahrungen in anderen Gemeinden ein ehrenamtlich arbeitender Mühlenverein sein. Detaillierte Erfahrungen sollten dazu auch von der Vereinigung zur Erhaltung von Wind- und Wassermühlen in Niedersachsen e.V. erfragt werden.


Ausgehend von der Voraussetzung der vorstehend erläuterten Erhaltung des Mühlenhauptgebäudes mit seiner technischen Einrichtung und dem Abbruch des Sägemühlengebäudes, ist die Frage nach Umnutzungsmöglichkeiten des Mühlennebengebäudes für allgemeine kulturelle Nutzungsvarianten mit dem Ziel der Förderung gemeinschaftsbildender Aktivitäten von erstrangiger Bedeutung. Basis dieser Untersuchung ist vorrangig die Bereitstellung von Räumen für die Zusammenkunft unterschiedlichster kulturell tätiger Vereinigungen in einem Gebäude mit ortsbezogenen Identifikationsmöglichkeiten und die Bereitstellung von Räumen und Ausstattungen, die eine gastronomische Selbstversorgung verschiedener Nutzergruppen ermöglichen.
Das Mühlennebengebäude besteht derzeit aus einem straßenseitigen Kellergeschoss, das auf der Gebäuderückseite nach Abbruch der Sägemühle vollständig ebenerdig ist, einem Erdgeschoss, einem Obergeschoss und einem Dachgeschoss. Voraussetzung für eine öffentliche Nutzung dieses Gebäudes ist im wesentlichen seine Erschließung durch einen direkten behindertengerechten Eingang, ein zugehöriges Treppenhaus, einen Personenaufzug, falls die Belange Behinderter berücksichtigt werden sollen oder müssen und den Einbau von Toiletten einschließlich Behindertentoilette und den Einbau einer Heizungsanlage.
Auf der Grundlage der vorgenannten erweiterbaren offenen Planungsziele und der vorhandenen Gebäudestruktur des Mühlennebengebäudes in Verbindung mit dem Mühlennebengebäude wird empfohlen, Eingang und Treppenhaus so zu planen, dass beide Gebäude von einem Eingang aus auf allen Geschossebenen erreicht werden können.
Das Erdgeschoss und Untergeschoss des Mühlennebengebäudes ist besonders geeignet für den Ausbau für unterschiedlichste Nutzungen durch unterschiedlichste Zielgruppen und der Möglichkeit der gastronomischen Eigenversorgung. Es wird deshalb empfohlen, das Erdgeschoss durch die Herausnahme eines Teiles der Decke offen mit dem Kellergeschoss zu verbinden und die beiden Geschossebenen durch eine Treppe zu verknüpfen. Die erforderlichen Toiletten und die Heizungsanlage könnten auf der Untergeschossebene eingebaut werden.
Das 1. Obergeschoss ist aufgrund seiner Baustruktur geeignet, mehrere Räume unterschiedlichster Größe aufzunehmen. Hier ist der Einbau einer Teeküche technisch möglich und der variablen Nutzbarkeit der Räume förderlich. Auf evtl. Einschränkungen wegen der lichten Raumhöhe muss geachtet werden.
Ausstellungen sind denkbar auch im Mühlenhauptgebäude und würden mit der darin befindlichen Mühlentechnik eine reizvolle freie Verbindung ergeben. Zu berücksichtigen wäre dabei, dass eine Beheizung des Mühlenhauptgebäudes nicht empfohlen werden kann, da dies zu nicht vertretbaren Investitions- und Betriebskosten führen würde. Insbesondere würde durch die dann eintretende Temperaturenerhöhung innerhalb der Mühle eine Volumenänderung und Austrocknung, insbesondere der technischen Einrichtung zu nicht kalkulierbaren Schäden führen können.
Diese Empfehlungen beschreiben in Verbindung mit den gezeichneten Planungsmöglichkeiten Nutzungsalternativen. Grundlage der gezeichneten Planungsmöglichkeiten sind die nach örtlichem Aufmaß erstellten Baubestandspläne. Die Empfehlungen sind am realistischen Bedarf der Belmer Bürger zu orientieren. Diese Festlegung bleibt Aufgabe der Gestaltungskompetenz der Gemeinde Belm. Die endgültige Bauplanung und Leitung der Bauarbeiten sollte einem im Umgang mit historischer Bausubstanz und historischer technischer Einrichtungen ausgewiesenen Architekten übertragen werden.


Die freitragende Holzbalkendecke der Sägemühle hat eine beachtenswerte Statik, die wahrscheinlich einzigartig ist. Nur so gab diese große Halle genügend Bewegungsfreiheit, größere Baumstämme innerhalb des Gebäudes zu langen Brettern zu zersägen. Das Sägegatter als Ausstellungsstück ist bis heute auf dem ursprünglichen Platz geblieben und auch betriebsbereit.


c/o Text von Erwin Uhrmacher, Belmer Kesselhaken Nr.8, 11/2012

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